Henkenbrink in der Vergangenheit
von Pfarrer Heinrich Marx in
Bödefeld
Geschrieben Herbst 1941.
Man kann sich nicht wundern, wenn über den kleinen
Ort Henkenbrink, der immer ein Anhängsel anderer
Gemeinwesen war und auch keinen großen führenden
Bauernhof hatte, desgleichen keine Schule und keine Kirche oder
dergleichen, die Urkunden nicht viel erzählen. Immerhain
mag noch in den Archiven, besonders im Landesarchiv Detmold und
im Pfarrarchiv Falkenhagen und im Diözesanarchiv Paderborn
manche Nachricht schlummern, die ich nicht suchen kann.
Hoffentlich findet sich später jemand, der die Zeit hat,
selbst die Archive durchzusehen; ich bin auf die wenigen
Auskünfte angewiesen, die ich mühsam schriftlich auf
meine Anfragen einholen muss.
Allem Anschein nach ist die Flur Henkenbrink vom Kloster
Falkenhagen aus, das um 1228 oder um 1246 gegründet wurde,
urbargemacht. Ob sie auch mit Bewohnern besiedelt wurde,
läst sich bis jetzt nicht feststellen. Jedenfalls hat es im
Jahre 1555 keinen Ort Henkenbrink oder einen Ort ähnlichen
Namens gegeben, denn aus diesem Jahre 1555 liegt ein Protokoll
vor (mitgeteilt in Gemmeke, Geschichte der katholischen
Pfarreien in Lippe, S 209), in dem die zum Kloster Falkenhagen
gehörigen Orte aufgezählt werden; Henkenbrink ist
nicht darunter. Wenn früher an der Stelle des jetzigen
Ortes Henkenbrink eine Siedlung gelegen hat, so ist anzunehmen,
dass sie ebenso wie Falkenhagen und Rischenau in der
Everstein´schen Fehde im Jahre 1407 zerstört, aber
nicht wieder aufgebaut wurde; oder vielleicht in der Soester
Fehde im Jahre 1447, wo Falkenhagen ausgeplündert wurde.
Henkenbrink lag ja so nahe beim Kloster Falkenhagen, dass es von
dort aus beackert werden konnte, ohne dass es eine eigene
Ortschaft mit Bewohnern war.
Aber in einem Schatzregister vom Jahre 1590 (laut
Mitteilung des Sippenforschers Brinkmeier zu Detmold) findet
sich unter den Ortschaften des Kirchspiels Falkenhagen:
Isenbergh und Henkenbergh. Es wohnten dort 1590 folgende
schatzpflichtige Leute:
1) Hus Johan -
schatzpflichtig mit 1 ½ Orth 1 Groschen,
2) Scheper
Henrich - schatzpflichtig mit 1 ½ Orth 1 Groschen,
3) Neder Kurd -
schatzpflichtig mit ½ Gulden,
4) Jurge der
Deker - schatzpflichtig mit 9 Groschen,
5) Johan
Linweber - schatzpflichtig mit 2 ½ Groschen.
Man kann bei diesen fünf Stätten denken an:
Hüls ( Wiermann)-Schlepper - Niedermeier ( jetzt Chr. Marx)
- Isermann ( Jetzt Käsemeier) - und an das alte
Gerkings-Haus . Wie sich die fünf Stätten auf die
beiden Siedlungen Isenberg und Henkenbrink verteilt haben, steht
nicht fest. Aber man kann folgendes annehmen: die drei
größeren Stätten lagen in Henkenbrink, wo die
Flur heute noch deutlich die Aufteilung auf drei Stätten
kenntlich macht; diese drei Stätten hatten die besten und
größten äcker. Die beiden kleineren Stätten
lagen auf dem Isenberge ( heute Oesenberg), des Wassers wegen
wahrscheinlich am obern Teile der großen Oesengrund. Die
unter dem Namen "Jurge der Deker". gehende Stätte
hatte im wesentlichen das Land, das heute Isermanns Oesenberg
und Klosterberg heißt; der "Johan Linweber hatte den
Streifen, der heute als Oesenberg aufgeteilt ist zwischen
Christian und Friedrich Marx.
Die Lage dieser Äcker kennzeichnet sie als
spätere Rodungen, die gemacht wurden, nachdem
"Feld", "Dreschfeld",
"Langenacker" u.s.w. längst bebaut gewesen.
Vielleicht haben diese kleinen Stätten auf Isenberg auch
noch Pachtland gehabt vom Kloster dort, wo jetzt der Wald
"Die Fichten" liegt; nach alter Tradition soll dieses
Waldgelände früher Acker gewesen sein, das bei einer
Aufteilung von Klostergelände an Höfe von diesen nicht
angenommen wurde wegen des "Schatzes", d.h. wegen der
Steuer. Ob der heutige Namen „Backofen" eine Stelle
am Kirchwege Sabbenhausen-Falkenhagen gelegen bezeichnend, nicht
einen Fingerzeig gibt für die Lage der alten Siedlung
"Isenberg"? Jedenfalls hat man die alte Siedlung
"Isenberg&qout; später aufgegeben; Die betreffenden
Familien bauten sich auf dem "Henkenberge" neben den
dort vorhandenen Höfen an. Wer will die Vermutung ablehnen,
dass der eine dieser Umsiedler den Namen Isermann behielt, weil
er vorher auf dem Isenberge gewohnt hatte?
Da also um 1555 von einem Orte Henkenbrink neben allen
andern heute noch bestehenden Orten des Klosterbezirks
Falkenhagen noch nichts gewusst wird, anderseits aber 1590 auf
Isenberg-Henkenberg fünf schatzpflichtige Bewohner waren,
ist anzunehmen, dass die Doppelsiedlung Isenberg-Henkenberg
zwischen 1555 und 1590 angelegt worden ist, und zwar vom Kloster
Falkenhagen aus. Die Zeit nach 1555 war für die Vergebung
von Klosterland an Neusiedler günstig, denn 1555
wütete in Falkenhagen die Pest; von allen Klosterleuten
blieben nur zwei am Leben. Da diese mit den gewiss auch gering
an Zahl gewordenen Klosterknechten das große Gut nicht
mehr bewirtschaften konnten, haben sie, so geht die Vermutung,
den ziemlich abgeschlossenen Teil des Klostergutes am
Henkenberge und am Isenberge an Lehensleute vergeben, ihnen zum
Häuserbau geholfen, und dann von ihnen den üblichen
Zins verlangt an Korn, Eiern u.s.w. Aus irgend einem Grunde
verlegten alsbald1 die zwei Siedlerdes Isenberges, ihre leicht
gebauten Wohnstätten nach dem Henkenberge. Das alte, 1902
abgebrochene Haus Gerking ,ist nach der Hausinschr1ft 1620
gebaut gewesen; es ist jedenfalls das Wohnhaus der Stätte
geworden, die 1590 hieß "Johan Linweber"
damals gab es dort noch keine Familiennamen; später hat das
Haus "Rüters" geheißen. Mit der Annahme,
dass Henkenbrink erst nach 1555 angelegt worden ist, stimmt
zusammen die Tatsache, dass der Ort in den "Lippischen
Regesten",einer Urkundensammlung, die 1538
abschließt, nirgends erwähnt wird.
Man braucht nicht anzunehmen, dass die nach 1555 am
Isenberg bzw. am Henkenberg angesetzten Kloster-Lehensleute
hätten katholisch sein müssen ,weil dasKloster doch
katholisch war. Gerade in der Zeit nach 1555 war das Kloster
Falkenhagen mit hineingezogen in die Religionskämpfe ,die
dahin führten, dass das Kloster 1596 aufgehoben wurde; die
Güter wurden zwischen dem Paderborner Bischof und dem
Grafen zur Lippe geteilt. Falkenhagen selbst wurde geteilt; die
Kirche und das eigentliche Klostergebäude fiel an Lippe,
desgleichen der nördliche Teil des Ortes Falkenhagen daran
hat noch erinnert die alte Scheune, das "Lippische
Haus" genannt, die erst nach dem Weltkriege abgebrochen
worden ist - ich habe in meiner Kindheit nie gewusst,
warum das alte Gebäude den erwähnten Namen hatte. Im
Jahre l604 erhielten die Paderborner Jesuiten den „Paderborner
Anteil". Nach langem Wirrwarr bauten diese ein Haus mit
einem Raum für katholischen Gottesdienst, im Jahre 1695 die
jetzige katholische Kirche. Es kann demnach nicht verwundern,
wenn in den Zeiten der religiösen Wirren auch
nichtkatholische, also reformierte Siedler auf Klosterboden
angesetzt wurden. Ob die ersten Bewohner bzw. ihre Kinder und
Kindeskinder sich auf den Hofstätten gehalten haben,
lässt sich nicht sagen, weil die Urkunden darüber
schweigen. Möglich, dass in den Zeiten des 30-jährigen
Krieges die Bewohner wechselten.
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